Mit mobiler Präzision gegen den Stillstand: Wie SAP Fiori und Asset Management die Windpark-Wartung revolutionieren

Die europäische Windenergie befindet sich im Epizentrum der globalen Energiewende. Doch mit dem rasanten Wachstum der Anlagenflotten – an Land wie auch auf See – steigen die betriebswirtschaftlichen und logistischen Anforderungen exponentiell. Im Mittelpunkt steht die kritische Kenngröße der Anlagenverfügbarkeit. Jede Stunde, in der eine moderne Windturbine stillsteht, bedeutet nicht nur eine Reduzierung der ökologischen Bilanz, sondern einen direkten, massiven Verlust von Einnahmen. Im komplexen Geflecht aus dezentralen Standorten, strengen Sicherheitsauflagen und der Notwendigkeit zur Maximierung der Stromerzeugung liefert die konsequente Digitalisierung der Prozesse den entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die moderne ERP-Suite SAP S/4HANA als zentrales Nervensystem und die innovative Benutzeroberfläche SAP Fiori als mobiles Frontend definieren die Zukunft des Enterprise Asset Managements (EAM) neu.

Von der Reparatur zur Prädiktiven Instandhaltung

Die Zeiten, in denen die Wartung von Windkraftanlagen reaktiv nach einem Defekt oder strikt nach Kalenderintervallen erfolgte, sind unwiderruflich vorbei. Diese Methoden waren ineffizient und risikoreich. Heute setzen führende Windparkbetreiber auf das Paradigma der Predictive Maintenance (vorausschauende Instandhaltung). Hierfür bildet das Internet of Things (IoT) die sensorische Grundlage. Millionen von Datenpunkten – von Vibrationssignaturen des Getriebes, über Schmiermitteltemperaturen der Hauptlager bis hin zu den Belastungszyklen der Rotorblätter – werden in Echtzeit von den Turbinen erfasst und über sichere Kanäle an die zentrale Verarbeitungsplattform übermittelt.

Innerhalb des Enterprise Asset Managements (EAM), das auf der SAP S/4HANA Plattform betrieben wird, laufen diese Daten zusammen. Mittels Machine Learning (ML) und komplexen Algorithmen werden Muster und Anomalien identifiziert, die für das menschliche Auge unsichtbar blieben. Das System kann so mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen, wann und welche Komponente innerhalb der nächsten Tage oder Wochen kritisch ausfallen wird. Anstatt auf einen Fehler zu warten, wird der Wartungsprozess automatisch ausgelöst, bevor ein kleiner Schaden zu einem katastrophalen und teuren Großschaden führt. Diese Umstellung auf die prädiktive Planung maximiert nicht nur die Energieausbeute, sondern verlängert auch die Lebensdauer der hochpreisigen Assets und optimiert die gesamte Ressourcenplanung. Die digitale Optimierung beginnt im Rechenzentrum und muss sich nahtlos in die physische Arbeitswelt integrieren, um am Asset erfolgreich zu sein.

Mobile Präzision: SAP Fiori als Kommandozentrale für den Außendienst

Die größte Herausforderung bei der Instandhaltung von Windenergieanlagen ist die Dezentralität und die anspruchsvolle Arbeitsumgebung. Techniker arbeiten in der Höhe, sind oft isoliert und benötigen sofortigen Zugriff auf kritische Informationen. Eine komplexe, überladene Desktop-Anwendung ist hier unbrauchbar.

Hier kommt SAP Fiori ins Spiel, indem es die Komplexität der Enterprise-Software radikal reduziert. Fiori übersetzt die riesigen Datenmengen und komplexen Prozesse des S/4HANA-Systems in einfache, rollenbasierte Apps auf mobilen Endgeräten wie Tablets und robusten Smartphones. Der Windtechniker erhält eine dedizierte Anwendung, den SAP Asset Manager, der ihm nur die für seinen aktuellen Auftrag und seine Rolle relevanten Informationen anzeigt – ohne überflüssige Menüpunkte oder unnötige Felder.

Die intuitive Auftragsabwicklung ist der Kernnutzen. Der Techniker erhält seinen detaillierten digitalen Arbeitsauftrag mit allen notwendigen EHS-Vorschriften (Umwelt, Gesundheit, Sicherheit) direkt auf das Gerät. Die App liefert ihm die gesamte Asset-Historie der spezifischen Turbine und führt ihn mithilfe von digitalen, interaktiven Checklisten durch den Wartungsprozess. Besonders wichtig ist die Offline-Fähigkeit: Oftmals ist die Konnektivität in der Gondel oder auf hoher See eingeschränkt. Fiori Apps speichern die Auftragsdaten und erledigten Schritte lokal und synchronisieren diese automatisch mit dem zentralen S/4HANA-System, sobald wieder eine Verbindung besteht. Die Digitalisierung ermöglicht somit eine hohe Prozessqualität, da die manuelle Übertragung von Daten und die damit verbundenen Fehlerquellen eliminiert werden.

Integrierte Logistik: Ersatzteile Just-in-Time zur Turbine

Die Effizienz der MRO (Maintenance, Repair, and Overhaul) steht und fällt mit der Verfügbarkeit der Ersatzteile. Eine prädiktive Diagnose ist nutzlos, wenn der Austausch eines defekten Großkomponenten wie eines Umrichters Tage dauert, weil das Teil im zentralen Lager fehlt. Das Asset Management muss nahtlos mit der Supply Chain verzahnt sein.

Die mobile Dokumentation durch die Fiori App schließt diese Lücke. Wird während der Inspektion ein unerwarteter Defekt festgestellt oder ein Teil verbraucht, kann der Techniker dies sofort über seine App im Lager anfordern oder als Verbrauch verbuchen. Diese Echtzeit-Information löst im zentralen SAP S/4HANA System eine automatische Prozesskette aus: Das System verbucht den Materialverbrauch in Echtzeit, passt die Lagerbestände an und startet bei Unterschreitung des Sicherheitsbestands den Beschaffungsprozess. Bei Großkomponenten können sofort die logistischen Abläufe (Kranbestellung, Spezialtransport) koordiniert werden. Diese Integration ermöglicht eine schnellere Teileverfügbarkeit, reduziert die notwendigen Sicherheitsbestände in den dezentralen Außenlagern und sorgt für eine transparente Kostenallokation der Logistik. Die Stillstandzeiten werden minimiert, weil das System vorausschauend agiert und die logistische Kette in Sekunden reagieren kann.

Digitalisierung als Schulungsfaktor: Kompetenzen im Wandel

Die Einführung dieser tiefgreifenden Digitalisierung erfordert eine Anpassung der Mitarbeiterkompetenzen. Die Techniker müssen nicht nur mechanische und elektrische Fähigkeiten besitzen, sondern auch lernen, die neuen, prädiktiven Daten zu interpretieren und die digitalen Tools optimal zu nutzen. Die intuitive Gestaltung der Fiori-Oberflächen senkt zwar die initiale Hemmschwelle, doch der Erfolg des EAM hängt von der kontinuierlichen Weiterbildung ab.

An dieser Stelle spielt die Bereitstellung von digitalen Lerninhalten eine wichtige Rolle. Schulungslösungen, analog zum SAP Learning Hub, bieten flexible, modulare Lerneinheiten an. Techniker können sich über die mobilen Geräte, die sie bereits im Einsatz haben, direkt vor Ort über neue Wartungsprotokolle oder den Umgang mit neuen Fiori-Funktionen informieren. Der Zugang zu aktualisiertem Wissen on demand ist essenziell, da die Technologie der Windkraftanlagen einem ständigen Wandel unterliegt. Die Investition in die digitale Befähigung der Mitarbeiter ist eine direkte Investition in die Anlagenverfügbarkeit und die Zukunftssicherheit des gesamten Betriebs.

Compliance, Audit und EHS: Dokumentation in Echtzeit

Im hochregulierten Energiesektor ist die lückenlose und revisionssichere Dokumentation jeder Aktivität – von der Wartung bis zur Störungsbehebung – gesetzlich vorgeschrieben. SAP S/4HANA gewährleistet hier höchste Standards.

Jeder durch die Fiori App protokollierte Schritt, jede Arbeitsstunde und jedes verbaute Ersatzteil wird unverzüglich im zentralen System gespeichert und mit der Seriennummer der Turbine verknüpft. Diese digitale Traceability des Materials ist bei behördlichen Audits oder Rückrufaktionen von kritischer Bedeutung. Darüber hinaus unterstützt Fiori aktiv das EHS-Management (Environment, Health, and Safety): Vor dem Beginn potenziell gefährlicher Arbeiten muss der Techniker digitale, rollenspezifische Sicherheits-Checklisten (z. B. Lockout/Tagout-Verfahren) abhaken, deren Bestätigung ebenfalls im System protokolliert wird. Dies erhöht die Arbeitssicherheit signifikant und stellt sicher, dass der Windparkbetreiber jederzeit die geltenden europäischen Sicherheits- und Umweltstandards nachweisen kann. Die digitale Dokumentation fungiert somit nicht nur als Nachweis, sondern als aktives Steuerungswerkzeug für das Risikomanagement.

Kostenkontrolle: Transparente Verbindung zu Finanzen und Controlling

Die Effizienzsteigerung durch EAM muss sich direkt in den Unternehmenszahlen widerspiegeln. Das in SAP S/4HANA integrierte EAM-Modul ist direkt mit dem Finanzwesen (FI) und dem Controlling (CO) verzahnt. Diese ganzheitliche Integration ermöglicht eine Transparenz, die mit isolierten Systemen unerreichbar ist.

Die durch die Fiori-App erfassten und im System verbuchten Kosten – von den Arbeitsstunden des Technikers bis zum Wert des verbrauchten Schmiermittels – werden sofort der jeweiligen Windkraftanlage oder dem Instandhaltungsprojekt zugeordnet. Dies ermöglicht ein hochpräzises Kosten-Controlling. Windparkbetreiber können exakt feststellen, welche Turbine oder welcher Anlagentyp die höchsten OpEx (Operational Expenditure) verursacht, und darauf basierend fundierte Entscheidungen über die zukünftige Beschaffungsstrategie, Gewährleistungsansprüche oder den Zeitpunkt einer Großreparatur treffen. Der prädiktive Ansatz hilft zusätzlich, die CapEx (Capital Expenditure) für Ersatzteile besser zu planen und das Risiko teurer Notfallreparaturen zu minimieren. Die Digitalisierung im Wartungsbereich ist somit ein wesentlicher Hebel zur Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette und zur Sicherung der langfristigen Rentabilität von Windenergieprojekten.

Fazit: SAP Fiori als Wettbewerbsvorteil in der Energiewende

Die Transformation des Asset Managements ist der Schlüssel zur Skalierung und Wirtschaftlichkeit der europäischen Windenergie. Die Kombination aus der datengesteuerten Intelligenz von SAP S/4HANA und der mobilen, intuitiven Steuerung durch SAP Fiori ermöglicht es Windparkbetreibern, ihre komplexen Anlagenflotten mit nie dagewesener Präzision, Sicherheit und Kosteneffizienz zu betreiben. Die digitale Befähigung der Techniker an vorderster Front ist der letzte, entscheidende Schritt in dieser Evolution – sie ist der wahre Wettbewerbsvorteil, der Windenergieunternehmen dabei hilft, ihre Verantwortung als zuverlässige und nachhaltige Energieversorger Europas wahrzunehmen und die Lebensdauer ihrer wertvollen Assets maximal auszuschöpfen.